Kunden entlang der Customer Journey ansprechen
Haben Sie sich auch schon mal gefragt, welche Marketingmaßnahmen für neue Kundinnen und Kunden verantwortlich waren? Das zu beantworten, stellt eine große Herausforderung für viele Unternehmen dar, denn die potenzielle Kundschaft durchläuft eine ganze Reihe verschiedener Phasen, bevor ein Kauf stattfindet. In diesem Ratgeber stellen wir Ihnen eine typische Customer Journey vor und geben Tipps, wie Sie Ihre Produkte entlang der einzelnen Phasen ausrichten können, um so Ihre Marketingmaßnahmen zu optimieren.
Customer Journey: Was ist das überhaupt?
Der Begriff Customer Journey beschreibt die Reise, die Menschen von der ersten Berührung mit einem Produkt bzw. einer Dienstleistung bis zum letztendlichen Kauf zurückgelegt
haben. Salopp gesagt also nichts anderes als eine Art Reisetagebuch.
Bevor Kundinnen und Kunden etwas kaufen, z. B. ein neues TV-Gerät, gibt es meist viele unterschiedliche Berührungspunkte, auch Touchpoints genannt, die allesamt Einfluss auf den weiteren Verlauf der Reise (Customer Journey) haben. Es gibt Menschen, die Produkte ohne langes Zögern direkt kaufen, andere hingegen brauchen etwas mehr Zeit, bis Sie sich für einen Kauf entscheiden.
Zu den Touchpoints zählen nicht nur die Momente vor dem eigentlichen Kaufabschluss (Conversion), sondern auch Berührungspunkte, die nach dem Kauf auftreten, wie zum Beispiel die Abwicklung einer Bestellung oder die Dankes-E-Mail. Unterscheiden muss man bei den Interaktionspunkten zwischen direkten (Werbeanzeige, Blog, Website, Flyer) und indirekten Touchpoints, an denen die Meinung Dritter über eine Marke, ein Produkt oder eine Serviceleistung eingeholt wird (Bewertungsportale, Foren, Testberichte).
AIDA: Ursprung heutiger Modelle
Bereits im Jahr 1898 entwickelte Elmo Lewis das vierstufige AIDA-Modell zur Werbewirksamkeit, welches Kundinnen und Kunden durchlaufen und letztlich zu deren Kaufentscheidung führen soll. Das Modell besteht aus den folgenden vier Phasen, die das Akronym AIDA bilden:
- Attention (Aufmerksamkeit wecken)
- Interest (Interesse ist vorhanden)
- Desire (Wunsch nach Produkt wecken)
- Action (Kunde kauft das Produkt)
Während man früher nach einer Zeitungsannonce oder TV-Werbeanzeige in ein Geschäft ging, sich ausführlich vom Personal beraten lies, und schließlich ein Produkt im Anschluss gekauft hat, informieren sich die Verbraucher heute auf einer schier unendlichen Anzahl an Kanälen und Medien vor einem Kauf über ein Produkt. Der Entscheidungsprozess ist nicht mehr nur rein linear, sondern komplexer, wo wir wieder beim Stichwort Reise angekommen sind.
Die Zeitspanne von der ersten Berührung mit einem Unternehmen bzw. Produkt bis hin zum Kauf wird länger und dynamischer. Daher ist es nur bedingt empfehlenswert, Marketing-Maßnahmen an einem Modell auszurichten, dass vor über 100 Jahren entwickelt wurde. Heutige Modelle sind um weitere Phasen ergänzt worden, um das Kaufverhalten in Ansätzen adaptieren zu können.
Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, die Zielgruppe gezielt mit den passenden Informationen zur richtigen Zeit anzusprechen. Das können Erklärvideos sein, reiner How-To-Content oder auch Werbeanzeigen in sozialen Netzwerken oder Suchmaschinen. Da die Customer Journey aus verschiedenen Phasen besteht, ist es gar nicht so einfach, zur richtigen Zeit, auf die individuellen Bedürfnisse der Nutzer einzugehen.
Tipp: Bereits die ersten unbewussten Berührungspunkte mit potenziellen Kundinnen und Kunden können entscheidend über den weiteren Ablauf der Reise/Customer Journey sein. Begleiten Sie die Zielgruppe auf Ihrer Reise und versuchen Sie zur richtigen Zeit auf die individuellen Bedürfnisse einzugehen.
Awareness (Aufmerksamkeitsphase)
In der ersten Phase wird das Bewusstsein für ein bestimmtes Produkt geweckt und das eigene Produkt in das Gedächtnis der potenziellen Kundschaft gerufen. Dies kann durch viele verschiedene Kanäle wie Fernsehwerbung, Radiowerbung oder ein YouTube-Video geschehen.
Favorability (Favorisierung)
Nachdem das Bewusstsein für ein bestimmtes Produkt geweckt wurde, gilt es in der nächsten Phase dieses Interesse und Bedürfnis weiter zu verstärken. Was nun folgt, ist die „Suche nach den passenden Angeboten bzw. Alternativen zum Produkt“. In der Favorisierungsphase wächst das Informationsbedürfnis und Interessierte versuchen nun mehr über das Produkt in Erfahrung zu bringen. Unternehmen sollten hier genau hinschauen und versuchen zu erkennen, was die Zielgruppe eigentlich genau sucht und darauf eingehen.
Consideration (Lösungssuche)
In dieser Phase erwägen die Personen bereits einen Kauf und vergleichen verschiedene Marktakteure nach unterschiedlichen Gesichtspunkten miteinander. Man sucht sich einen Anbieter heraus, der am ehesten ein Problem lösen bzw. die Erwartungen an ein Produkt erfüllen kann. Unternehmen sollten versuchen, Branded Content an den relevanten Touch Points zu platzieren, z. B. über Suchmaschinenoptimierung (SEO) oder auch Suchmaschinenwerbung (SEA).
Laut einer Google-Studie nutzen 81 % der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland die Suche, um sich vor dem Kauf genauer zu informieren. Eine Position auf der ersten Seite ist deshalb besonders wichtig, weil Suchmaschinen von Vielen als Startpunkt für die Recherche genutzt werden und die meisten Klicks ausschließlich auf die erste Ergebnisseite fallen.
Decision (Kaufabsicht)
Jetzt wissen potenzielle Kundinnen und Kunden ganz gena, was sie möchten. Nun entscheiden viele Leistungs- und Qualitätsmerkmale des Anbieters.
- Wie schnell ist die Lieferzeit?
- Kann ich Pakete an eine Packstation oder einen Paketshop senden?
- Welche Versand- und Zahlungsarten werden angeboten?
- Welcher Anbieter bietet mir den besten Preis?
- Ist der Online-Shop vertrauenswürdig?
- Wie sehen die Bewertungen von Bestandskundinnen und Bestandskunden aus?
- Ist der Kundenservice über einen Live-Chat erreichbar?
- Gibt es eine kostenlose Support-Hotline?
Fragen über Fragen: Am Ende haben potenzielle Kundinnen und Kunden die Entscheidung für einen Anbieter getroffen.
Conversion (Kauf)
Jetzt findet die eigentliche Conversion statt. Diese Phase tritt ein, wenn das Produkt in den Warenkorb gelegt und die Bestellung erfolgreich abgeschlossen wurde. Wichtig ist hier, dass dieser Schritt selbstverständlich auch in einem stationären Geschäft (offline) erfolgen kann. Eine Conversion muss nicht immer nur ein Kauf sein. Weitere Beispiele sind z. B. die Registrierung für einen Online-Kurs oder das Absenden eines speziellen Formulars.
Retention (Erhalt)
Die Kundinnen und Kunden sind im bestmöglichen Fall begeistert vom Einkaufserlebnis mit Ihrem Unternehmen und kaufen hoffentlich auch in Zukunft bei Ihnen ein. Das Gefühl “Alles richtig gemacht zu haben!” können Sie beispielsweise durch verschiedene unerwartete Zugaben mit der Lieferung stärken! Beliebt sind hier beispielsweise Rabatt-Gutscheine für den nächsten Kauf oder ein individuelles Give-Away, welches der Lieferung beigelegt wird.
Advocacy (Befürwortung)
Wenn die Kundinnen und Kunden mit dem Produkt bzw. Service-Erlebnis mehr als zufrieden sind, erfolgt meist über Word-of-Mouth-Kommunikation eine Empfehlung im Rahmen des eigenen Familien-, Kollegen- oder Freundeskreis. Wie bereits erwähnt, sind auch Bewertungen maßgeblich für die eigene Kaufentscheidung. Bitten Sie deshalb zufriedene Kundinnen und Kunden um Abgabe einer positiven Bewertung für Ihr Unternehmen.
So nutzen Sie die einzelnen Phasen aus Unternehmenssicht
Damit Sie den Überblick behalten, sollten Sie für jedes Produkt/Service einen eigenen Marketing Funnel aufstellen. Das ist gar nicht so schwer, wie es auf den ersten Blick scheint. Sammeln Sie zu Beginn potenzielle Fragen, die sich Menschen rund um Ihr Angebot stellen und ordnen Sie jede Frage einer Phase in Ihrem Funnel zu. Als nächstes muss für jede dieser Fragestellungen bzw. Probleme geprüft werden, ob die Zielgruppe eine Antwort auf Ihrem Online-Auftritt finden kann.
Fehlende Inhalte können Sie so gezielt ergänzen. Überlegen Sie auch, über welchen Kanal Sie die Zielgruppe in jeder einzelnen Phase erreichen können und leiten Sie so die passenden Maßnahmen ab. Mit einem Kommunikationsplan können Sie die zu erstellenden Inhalte in den Medien genau planen.
Welcher Marketing-Kanal hat welchen Anteil am Kuchen?
Vor gar nicht allzu langer Zeit wurden Marketing-Maßnahmen nach dem First-Click-Wins- bzw. Last-Click-Wins-Attributionsmodell zugeordnet. Vergessen Sie das! Wie wir Ihnen bereits erläutert haben, gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Touchpoints. Mit einer Customer Journey-Analyse kann herausgefunden werden, welchen Anteil die einzelnen Kanäle und Maßnahmen wirklich am Kauf hatten.
Beispiel-Einblick in die Aufteilung verschiedener Channels und deren Anteile an Gesamtconversions und Gesamtumsatz.Screenshot: Google Analytics Demo Account / FLYERALARM Digital
Professionellen Analyse-Tools wie Google Analytics oder Matomo helfen Unternehmen bei der Beantwortung der Frage, welche Wirkung einzelne Kanäle und Maßnahmen aufeinander haben, oder ob sie gar voneinander abhängig sind. Mit der Erforschung der Customer Journey werden neue Erkenntnisse über das Verhalten und die Präferenzen der Zielgruppe bezüglich der Nutzung und Reaktionen auf Werbung im Internet gewonnen. Das hilft bei der Planung und Verteilung der Mediabudgets und ermöglicht eine effizientere Aufteilung auf die einzelnen Kanäle.
Sehr gute Übersicht. Was oft vergessen wird, ist die Frage beim Kunden, wie er zum Unternehmen gefunden hat. Meist ist das zwar nicht genau zu verifizieren, da die Angaben vom Kunden nicht immer korrekt sind. Er erinnert sich manchmal einfach nicht daran bzw. der letzte Touchpoint ist zwar vielleicht der letzte, aber nicht der entscheidende. Zu hinterfragen, wie der Kunde uns gefunden hat, ist aber in jedem Fall in eine Analyse mit aufzunehmen. So können z.B. auch Printmaterialien mit in die Customer Journey mit aufgenommen werden.
Gruß
Ute Schmeiser